Einige Gedichte von mir

Vor langer Zeit, als ganz junge Erwachsene, habe ich mich über Poesie ausgedrückt.
Einige von diesen Gedichten haben die Zeit erstaunlich gut überstanden. Darum möchte ich sie euch zu lesen geben.

 

Nachgeben

Einfach nachgeben
und leben.

Sich absetzen
in die Luft.
Mit den Gesetzen treiben.
Die blutigen Finger hängen lassen
und die Fäuste voll
Bitternis.

Atem holen
ohne Bestimmung und Fingerzeig.
Alle Wege verlassen
und von Grashügel zu Grashügel schreiten.

Trotzdem

Es gibt eine Zeit,
da vergisst man
und schüttelt immerhin silberne Flügel.

Irgendetwas rutscht dann ab
und macht dich leicht,

als wär’s das Letzte gewesen.

Trotzdem ist man also,
im Zuge der Entwicklung,
in einer Zeit kühn.

Warten

Ob ich dich berühre,
was ändert das?
Nur dieses Schimmern im All
muss ich haben.
Auch von dir.

Ich verträume vieles. Doch
wer kommt dagegen an?
Schwere Wesen,
lasst euer Unstillbares hervor,
den Glanz des Unerkannten.

Sterblich

Tot.
Aufgespiesst
mit pompösen Umrissen.

Doch peinlich prangt deine Spur
in anderer Erde.

Einst bargst du einen Seelensturm,
dehntest dich bis zu mir.

Aber es war Krieg.
Hass wimmelte
und Lügen schlichen.

Du hattest Angst und Sehnsucht.

Aufgeknöpft

entfallen mir die Dinge.

Doch es ist nicht Blut,
das schliesslich quillt,
sondern Licht fliesst aus!

Der Glanz meiner Augen stürmt weg,
bedenkenlos mit allem
und endlos.

Aufgeknöpft
hat im Luftzug
meine Quelle gezittert, und im Lärm der Neugier
ist sie übergeschwappt.

Tor

Mitten in die Nebulosität
ein Loch
mit den Augen und den Fingern hacken.

Einen Platz, wo die Ferse sich tief einbohren kann
in den Boden der Welt.

Denn in die Luft versprengt
mit einem Schlag,
stehen die Zellen aussichtslos,

brauchen sie dringend ein Lebenstor.

Sinne

Hände langen
in ein Meer von Sein
und versinken
vor den Augen.

Haar geht
über Worte und Adern,
trägt einen Duft
zum Pulsschlag.

Schenkel tanzen
und Bilder drehen sich
zu wippendem Baldachin.

Du und ich
in der Freude. Amen.

Langestrecken

Nass und mühsam,
um deiner Glut willen,
die mir im Auge leuchtet.

Dir nach,
dir!

Doch meine Glieder
sind vollgesogen von deiner Stille
und treiben weg.
Endlich aber schiebt sich Land zu mir,
und meine Finger greifen
in dein Fleisch.

Ja!
Und ich verjuble den letzten Zentimeter Kraft.

Suzi

Schleicht weinend.
Fällt an
und reisst ein.
Sucht den Quell.

Findet alles
von ihrem Gewebe
ununterscheidbar!

Was für eine Angst
ist rennen
in sich hinein
und irgendwann zu einem Anfang.

Später, im Offenen anderer Sphären,
braucht sie ihre Luken geschlossen.

Schritte

Bin alleine
in den Schnee einmarschiert.
Die Ruhe der Berge tief in mir
und Licht dazu.

Einst wird all dies reden
und ein Wort bilden.
Irgendein seit Urzeiten verlangtes,
erwartetes, erhofftes.

Kühn

Zu hoch
im sprachlosen Grau
hängt sich dem Vogel
ein Sturz ins Gefieder,
dass ihm nichts bleibt,
als die Flügel fest zu schliessen.

Mittag

Schon kommt der Morgen
und brennt in meinen Augen.
Was war die Sehnsucht?
Denn bald ist Mittag
und an mir hängt noch das Zwielicht.

Allein

Ihr verlasst die Biegung
von wo ich kam.

Meine Gänge,
die warm sind vom Existieren.

Wege, die niemand sucht,
doch deutlich angegeben im Gesicht.

Nur,
euer Kielwasser geht über die Zeichen,
und mein Wind stösst die Türen zu.

Für Voltra

Klares Grün / hoher Ton
und helles Licht.

Mit Mut und Liebe
hingehen.

Hinschauen
und die Hand reichen.

Weit im All
den Gruss erwiedern.

Als wär’s die Ecke
Franklinstrasse.

Finchen

Finchen ist verheiratet
nur mit der Luft
und ihrem
nicht
liebenswürdigen Herzen.

Sie ist ausgezogen
in die diesbezügliche
Kohle,
in die Wärme der Einsamkeit.

Ist weggezogen
mit dem Skorpionauge,
mit der Eisstelle zur Hand
und dem blinden Fleck.

Ist zurückgeblieben
in einem lange schon verebbten
Traum.

Das Sein ist ja viel glühender
als sie denken,
sagt der Himmel.
Und die Erde lacht,
als hätte sie Champagner
getrunken.

Finchen aber hört hin.

Stillenacht

Wache Nacht / heilige Nacht
Die Stimmen verklingen,
Ruhe breitet sich aus
Schlag auf Schlag
und ohne zu zaudern.

Jetzt
keine leere Stelle lassen!
Nichts weglassen,
nichts überlassen.

Gehen lassen
die Stunde.
Anfüllen
mit Fleisch und Blut
was Stumm geblieben ist
bis auf die Knochen.

Auslassen
das Gift.
Quellen lassen / ächzen lassen
und andächtig nicken dazu.

Bis der Mondstrahl
im Nacken brennt
und nichts mehr darauf besteht.
Nichts mehr
gehätschelt sein will
in der Wehmutstiefe.
Für diese friedliche
lange Nacht
nichts mehr.
Ein für alle Mal
nichts mehr.

Gelobt sei der Mond,
wenn er über die Stirn geht.

Unkenlaut

Einmal sollt ihr sie hören,
meine Stimme von dort.

Denn mir gehört:
Was sich nach unten verliert
in eurem Gejohle.
Eure feuchtfröhlichen Augen,
wenn die Blicke abbröckeln.
Die Unaufmerksamkeit eurer Münder
neben geöffneten Lippen.
Die Langeweile eurer Finger
bevor sie eine Nachricht kritzeln.

Eure Schatten am Mittag.

Ich bin die,
die euch anhört und hinschaut.
Durch die eure Tränen fliessen.

Flug

Wenn man dich vielleicht einst
ins Bodenlose schubst,
und du mit dem tiefsten
unbetäubbaren Schrecken des Herzens,
sterbend
ohne sterben zu können
den Atem anhältst
und im Erstarren loslässt,

und wenn du dann im einsilbigen Drehen
und Fallen
und Schauen an Ort
die eigene Fratze siehst
und dein ganzes volles Entsetzen
dir die Arme hochreisst,
mit aller Kraft in die Luft hinein,

nicht um Hilfe zu erlangen
von unerweichbaren Geistern,
nein
einfach so,
weil du im Angesichte
deines von Verzweiflung höllisch
entstellten Gesichtes
mit dieser Bewegung erwachst
und FLIEGST;

dann wirst du,
während du noch verdutzt
auf deine Schwingen schaust,
deinen ersten grossen Kreis
ziehen können.

Denn dies alles ist Gesetz:
Ein jeder Vogel muss fliegen lernen.

 

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last update: 11.06.2009 - © by brit morf